Eine Initiative zum Erhalt der Funkfrequenzen für die deutsche Kultur und Unterhaltungsbranche
Hintergründe und Konsequenzen V2.01
Die
Bundesregierung plant bereits bis zum Ende des Jahres 2009 die Versteigerung
des Frequenzbandes von 790 MHz bis 862 MHz an Mobilfunker. Ein Betrieb von
Funkmikrofonen ist nach dem Verkauf wegen Störungen dann nicht mehr möglich. Damit
wird der Kultur- und Unterhaltungsbranche, dem drittgrößten Wirtschaftszweig in
Deutschland, ein elementares technisches Werkzeug genommen. Das verursacht
Folgekosten in Milliardenhöhe und gefährdet Arbeitsplätze. Der Bundesrat hat
das Problem zum Teil schon erkannt und wegen vieler offener Fragen die
Entscheidung auf den 12. Juni vertagt. Ein Teil der Forderungen ist schon in
den Empfehlungen der Ausschüsse aufgenommen worden. Einige wichtige Punkte sind
aber noch nicht berücksichtigt worden.
Im Rahmen der
Breitbandstrategie hat man unter dem Stichwort der „Digitale Dividende“ begonnen
analoge TV-Kanäle in digitale DVB-T Kanäle umzuwandeln und diese enger
zusammenzulegen. Ohne die genaue Frequenzbelegung, aufgeteilt in Primär- und
Sekundärnutzern, überprüft zu haben, ist man der falschen Meinung, dass dadurch
ein unbenutzter Frequenzbereich entsteht. Dem ist nicht so! Genau in diesem
Spektrum arbeiten in Deutschland heutzutage nahezu 700.000 Funkmikrofone
störungsfrei. Der Betrieb ist nach der Verfügung 91/2005 der Bundesnetzagentur
bis 2015 garantiert. Der jetzt anstehende Gesetzentwurf (Bundesrat Drucksache
204/09 vom 4. März 2009) plant jedoch diesen Zeitraum auf Ende 2009 zu
begrenzen, und kein alternatives Frequenzband zur Verfügung zu stellen.
Der
Bereich zwischen 790 MHz und 862 MHz ist auch nach der Verlegung der TV-Kanäle nicht frei.
Die dadurch
entstehenden Verluste sind enorm und gliedern sich in zwei Bereiche. Die Kosten
für den Austausch der 700.000 Drahtloseinheiten betragen mehrere Milliarden
Euro, falls man überhaupt ein alternatives Frequenzband zur Verfügung stellen
würde. Fachleute haben den Investitionsbedarf allein für die mit Steuergeldern
finanzierten Kultureinrichtungen auf 2,5 bis 3,3 Milliarden Euro geschätzt. Das
ist mehr, als der Jahreshaushalt aller öffentlich finanzierten Theater in
Deutschland. Viel gravierender ist der finanzielle Schaden der durch den ersatzlosen
Wegfall der Technik entstehen wird.
Fachleute
haben den Investitionsbedarf allein für die mit Steuergeldern finanzierten
Kultureinrichtungen mit 2,5 bis 3,3 Milliarden Euro
beziffert.
Ein großer Teil
der modernen Unterhaltungskultur entwickelte sich nur dadurch, weil es diese
technischen Hilfsmittel gibt. Weder eine spektakuläre Eröffnung der Olympischen
Spiele, noch ein europäischer Song-Contest sind dann realisierbar. Die Sparte
des Musicals welches duzende von Häusern betreibt steht vor dem Nichts. Die
moderne Reportage von kleinen und großen Sportereignissen bis hin zur Formel-1
ist dann in Deutschland nicht mehr möglich. Die internationale Kongress- und
Tagungstechnik erleidet einen Umsatzeinbruch ungeahnten Ausmaßes, weil die von
den Kunden geforderten Wünsche nicht mehr erfüllt werden können. Viele der öffentlichen
und privaten Theaterhäuser werden einen großen Teil ihres Repertoires streichen
müssen. In der Folge trifft das die Künstler, Schauspieler und Musiker. Diese
sind auch massiv betroffen durch den Wegfall der Musik- und OpenAir Events. Kein
Pop- oder Rockkonzert wird unsere Städte mehr besuchen. Keine Madonna, kein
Robbie Williams! Die Theaterfreiluftbühnen, von der Laienschauspieltruppe bis
zu den Bregenzer Festspielen werden den Kampf um Überleben nicht gewinnen. Die
Kleinkunstszene, wie wir sie heute kennen, wird fast vollständig verschwinden.
Kein Kabarett mehr, ob auf der Bühne oder im Fernsehen. Kein Starkbieranstich
auf dem Nockerberg. Und was macht wohl Thomas Gottschalk bei “Wetten dass“?
Vielleicht sollte
der eine oder andere Abgeordnete mal anfangen zu überprüfen, wie viele
Betriebe, Stadthallen, Theater, Messen und Kongresshäuser in seinem Wahlbezirk
stehen. Fast jeder Landtagsitzungssaal ist im Übrigen auch mit dieser Technik
ausgestattet. Und wenn Sie heute Abend vor dem Fernseher sitzen, fangen Sie mal
an, die Funkmikrofone zu zählen. Wenn man analysiert, welche Events ohne die
Drahtlostechnik auskommen, landet man immer wieder beim gleichen Ergebnis: Praktisch
keine! Wir fallen zurück auf den technischen Stand der 60er Jahre.
Es
wird zu permanenten Störungen
der Funkmikrofone kommen.
In den USA ist
die negative Entscheidung schon gefallen, die Mobilfunkbranche hat den
Testbetrieb dort bereits aufgenommen. Es kam dadurch sogar schon zum Abbruch
eines Popkonzerts. Mitten im Konzert gab es massiveEinstreuungen in die
Tonanlage, woraufhin die Sängerin ihr Drahtlosmikrofon wutentbrannt auf den
Bühnenboden schmetterte und die nicht minder aufgebrachten 20.000 Konzertbesucher in der Halle randalierend zurück ließ.
Jetzt fängt man an, über diese politische Entscheidung zu diskutieren, aber das
ist zu spät.
Die Idee mit dem
Verkauf von Frequenznutzungsrechten Gewinne zu erwirtschaften ist lobenswert. Wenn
aber die Verluste ein Mehrfaches höher sind als die Einnahmen, hat man falsch
gerechnet. Unverantwortlich ist auch das Vorgehen in diesem Verfahren. Erst
wird alles verteilt, dann wird eventuell geprüft, ob es Probleme gibt. Die
Betroffenen sind bis heute so gut wie nicht gehört und berücksichtigt worden. Das
betrifft sowohl private Firmen, als auch die öffentliche Hand. Es mutet sonderbar an, wenn ausgerechnet in den Wochen der
Entscheidung wichtige Dokumente auf der Internetseite des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Technologie (BMWi) nicht mehr abgerufen werden können.
Auf
den 92 Seiten ist kein Frequenzbereich für
Funkmikrofone reserviert und es gibt keine freie Frequenzlücke zwischen 9kHz
und 275GHz, die man dafür nutzen könnte.
Die Forderung lautet daher einstimmig: der Bundesrat
muss den Beschluss ablehnen. Erst müssen alle oben aufgeführten Beteiligten
gehört werden, dann darf entschieden werden. Entweder bleibt der alte Bereich
erhalten, oder es wird ein neuer ausreichend großer Ersatzfrequenzbereich dauerhaft
zur Verfügung gestellt. Die dann entstehenden Umstellungskosten müssen die
neuen Erwerber der Frequenzen komplett mit allen Nebenkosten übernehmen. Bevor
man in Deutschland die Kultur und einen ganzen Industriezweig, der trotz
Wirtschaftskrise erfolgreich arbeitet, vernichtet, muss die Politik ein paar
Monate Geduld aufbringen und sich sachlich und ausführlich bei allen
Beteiligten informieren. Die Folgen, die eine kurzfristig und falsch gefällte
Entscheidung verursacht, bekommt man zu oft zu spüren. Und wir sind uns alle
sicher, das können wir und unser Staat im Moment nicht gebrauchen.
Hintergründe
und Konsequenzen V2.01 (PDF)
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